2016/06: Fuss gefasst

Die enorm gros­se Moti­va­ti­on und Ziel­stre­big­keit der Dorf­frau­en in Yul­chung sind der Erfolgs­fak­tor für den erfolg­rei­chen Ver­kauf der gefilz­ten Blu­men und Kis­sen der Som­mer­sai­son 2016. Im Juni 2016 ver­brach­te ich drei inten­si­ve Wochen im Ladakh. Im Mit­tel­punkt der Rei­se stan­den die Hand­werks­kunst und das Netzwerk.

Gefilz­tes und Gestricktes
Nass­fil­zen ist bei Minus­tem­pe­ra­tu­ren nicht mög­lich. Die Frau­en haben aus eige­ner Initia­ti­ve in der Win­ter­zeit Woll­so­cken gestrickt. Die mit tra­di­tio­nel­lem Strick­mus­ter ver­zier­ten Socken las­sen sich zu ori­gi­nel­len Hüt­ten­fin­ken ver­ar­bei­ten. In der Früh­lings­zeit haben die Dorf­be­woh­ne­rin­nen moti­viert und krea­tiv indi­vi­du­el­le Blu­men und Sitz­kis­sen gefilzt.

Netz­werk
Der Pro­jekt­lei­ter vor Ort, Lob­zang Rinchen, hat ein Tref­fen mit dem Vor­sit­zen­den des Dorf­ra­tes, Sonam Dor­je, in Leh orga­ni­siert. Sonam ist ein wich­ti­ger Regie­rungs­be­am­ter der Regi­on und ist zustän­dig für die Ent­wick­lung von Infra­struk­tur, Gesund­heit und Bil­dung. Sei­ne wert­vol­len Tipps unter­stüt­zen das Pro­jekt. Sonam hat eine Gemein­de­ver­samm­lung in Yul­chung ein­be­ru­fen, die von der Dorf­be­völ­ke­rung orga­ni­siert wurde.

Bei der Zusam­men­kunft mit „Women‘s alli­an­ce of Ladakh“, genannt WAL, wur­den wich­ti­ge orga­ni­sa­to­ri­sche Infor­ma­tio­nen aus­ge­tauscht. Die Erschlies­sung der Regi­on Sen­ge La durch die neue Stras­se ermög­licht den umlie­gen­den Dör­fern eine Mit­glied­schaft bei der WAL.

Win­ter­un­ter­richt 2015/2016
Zwölf Frau­en zwi­schen 24 und 65 Jah­ren und sech­zehn Kin­der nah­men letz­ten Win­ter am Unter­richt teil. Die Kin­der ver­tie­fen was sie im Som­mer in Lings­hed gelernt haben. Der Schwer­punkt bei den Erwach­se­nen wird auf das Ler­nen der tibe­ti­schen Schrift und des latei­ni­schen Alpha­be­tes gesetzt.

Lern­zie­le für den kom­men­den Winter
Durch die Erschlies­sung der Regi­on kom­men mehr Plas­tik­ab­fäl­le in das Dorf. Dafür gibt es noch kei­ne Lösung. Der Plas­tik wird oft im Ofen ver­brannt. Die­se Tat­sa­che ver­an­lasst den Leh­rer Stanzin Min­gyur im nächs­ten Win­ter dem The­ma Umwelt­schutz gros­se Beach­tung zu schen­ken. Die Lern­zie­le sol­len das Inter­es­se und die Ver­ant­wor­tung für die Umwelt wecken und Kom­pe­ten­zen für die Gestal­tung der Zukunft vermitteln.

Ankunft im Dorf
Nach­dem die Dorf­frau­en mich mit einem zere­mo­ni­el­len und herz­li­chen Emp­fang begrüsst haben gab es eine Zusam­men­kunft. Die Frau­en zeig­ten was sie im Fil­zen alles erreicht haben. Sie berich­te­ten mit gros­sem Stolz die Lern­er­fol­ge in der Schu­le und haben das Alpha­bet und die Zah­len auf Eng­lisch vor­ge­le­sen. Die Frau­en ver­wirk­lich­ten eige­ne Ide­en und fan­den Mög­lich­kei­ten, was sie im Win­ter wei­ter arbei­ten wollen.

Im Gespräch hat sich erge­ben, dass die zwölf Frau­en ihre Kennt­nis­se im Fil­zen ver­tie­fen möch­ten. Damit die Feld­ar­beit nicht ver­nach­läs­sigt wur­de, haben sie sich in zwei Grup­pen ein­ge­teilt. Fünf Tage lang wur­de von elf Uhr mor­gens bis vier Uhr nach­mit­tags fleis­sig gefilzt.

Mit viel Ausdauer und Freude haben die Dorf­frauen gewalkt und den Filz zu schö­nen Blu­men und Sitz­kis­sen ver­ar­bei­tet.
Mit viel Aus­dau­er und Freu­de haben die Dorf­frauen gewalkt und den Filz zu schö­nen Blu­men und Sitz­kis­sen verarbeitet.

Gemein­de­ver­samm­lung
Am letz­ten Tag vor mei­ner Abrei­se hat eine Gemein­de­ver­samm­lung in Yul­chung statt­ge­fun­den. Der zustän­di­ge Gemein­de­prä­si­dent und Ver­tre­ter der Regi­on Sen­ge La, Sonam Dor­je, der ört­li­che Pro­jekt­lei­ter Lob­zang Rinchen, die Frau­en-Koope­ra­ti­ve und die anwe­sen­den Män­ner des Dor­fes nah­men dar­an teil.

An der Gemein­de­ver­samm­lung wur­den basa­le Bedürf­nis­se ange­spro­chen und wie Spen­den­gel­der ein­ge­setzt wer­den kön­nen. Die zen­tra­le Fra­ge war, zu klä­ren was für die Frau­en und das Dorf wich­tig ist und was als nächs­tes rea­li­siert wer­den soll.

Die Frau­en äus­ser­ten drei Wün­sche: Einen Raum, indem sie unge­stört im Som­mer wie im Win­ter ihre Pro­duk­te anfer­ti­gen kön­nen, etwas Grund­aus­rüs­tung und einen Leh­rer für den Sommerunterricht.

Aus­blick
Ein unbe­nutz­tes Haus mit zwei Räu­men kann sofort zur Ver­fü­gung gestellt wer­den. Aller­dings ist die Rück­sei­te des Gebäu­des durch stän­di­ge Ero­sio­nen auf­ge­füllt wor­den. Durch den Schnee hat sich in den Mau­ern Was­ser ange­sam­melt und im Innen­raum Schim­mel gebil­det. Es wur­de beschlos­sen nächs­tes Jahr die Rück­wand vom Schutt zu befrei­en und Sicker­lei­tun­gen anzulegen.

Für die Ein­rich­tung wün­schen sich die Frau­en einen Tisch, eine dicke Unter­la­ge zum Sit­zen und ein Küchen­set, bestehend aus Koch­herd und Geschirr.

Zur Bil­der­ga­le­rie